Können Nöte einen Sinn haben?

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Können Nöte einen Sinn haben? – Dieser Frage wollen wir auf biblischer Grundlage nachgehen. Dazu schauen wir zunächst in das Leben einer Frau aus dem Alten Testament: Hanna – sie war die Mutter des bekannten Propheten Samuel. Bevor sie jedoch Mutter werden durfte, musste sie viel Leid ertragen, denn Gott, der HERR, hatte es zugelassen, dass sie lange Zeit keine Kinder bekommen konnte. Deshalb wurde sie verachtet und gedemütigt. – Wir lesen dazu folgenden Bibeltext aus 1. Samuel 1, 1-7:

»Es war ein Mann von Ramathajim-Zophim, vom Gebirge Ephraim, und sein Name war Elkana. … Und er hatte zwei Frauen: der Name der einen war Hanna, und der Name der anderen Peninna; und Peninna hatte Kinder, aber Hanna hatte keine Kinder. Und dieser Mann ging von Jahr zu Jahr aus seiner Stadt hinauf, um den HERRN der Heerscharen anzubeten und ihm zu opfern zu Silo. … Und es geschah an dem Tag, da Elkana opferte, da gab er seiner Frau Peninna und allen ihren Söhnen und ihren Töchtern Stücke; aber Hanna gab er ein doppeltes Stück, denn er liebte Hanna; aber der HERR hatte ihren Mutterleib verschlossen. Und ihre Widersacherin kränkte sie mit vieler Kränkung, um sie aufzubringen, weil der HERR ihren Mutterleib verschlossen hatte. Und so wie er das Jahr für Jahr tat, also kränkte sie sie, so oft sie zum Hause des HERRN hinaufzog; und sie weinte und aß nicht.«

 

Von Gott zugelassene Nöte

In obenstehendem Bibeltext lesen wir, dass Hanna viele Kränkungen ertragen musste durch ihre Nebenfrau* Peninna. Was war der Grund dafür? Der Grund lag in einer von Gott zugelassenen Not, »weil der HERR ihren Mutterleib verschlossen hatte«. Die Kinderlosigkeit der Hanna war kein Zufall, sondern geschah nach Gottes souveränem Plan. In der damaligen Zeit war Kinderlosigkeit eine schlimme Sache für eine Frau – sie ging oft einher mit Verachtung und Demütigung. Auch Hanna musste solche Demütigungen durch ihre Widersacherin erleben. Es war ein schwerer Weg für Hanna, doch Gott ließ ihn zu aus Liebe.

Gottes Wege sind immer Liebeswege. Selbst als das Volk Israel aufgrund des Gerichtes Gottes in der babylonischen Gefangenschaft war, lässt Gott ihnen durch den Propheten Jeremia zurufen: »Denn ich weiß ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht der HERR, Gedanken des Friedens und nicht zum Unglück, um euch Ausgang und Hoffnung zu gewähren. Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und zu mir beten, und ich werde auf euch hören« (Jeremia 29, 11.12). Aufgrund der Sünde und Gottlosigkeit des Volkes Israel musste Gott Sein Volk bestrafen. Aber es waren Gedanken des Friedens und nicht des Unglücks, die Ihn dazu veranlassten. Er wollte Sein Volk wieder auf den richtigen Weg, auf den Weg des Lebens bringen. Sie sollten neu lernen Ihn anzurufen. Und wenn sie Ihn von ganzem Herzen suchen würden, wollte Er sich von ihnen finden lassen und sie aus der Gefangenschaft befreien (vgl. Jeremia 29, 13.14). Hier sehen wir die unendliche Liebe Gottes zu uns Menschen.

Gott möchte uns zurechtbringen, auch mit den Nöten, die Er in unserem Leben zulässt. Wenn wir eigene Wege eingeschlagen haben, die uns wegführen von Gott, ist die Not ein Mittel, durch das Gott uns wieder neu zum Nachdenken bringen möchte (vgl. Hiob 36, 15). – Waren es bei Hanna eigene Wege, die diese Not in ihrem Leben notwendig machte? Wir lesen nichts davon. Nicht jede Not unseres Lebens ist eine Strafe Gottes. Lasst uns deshalb sehr vorsichtig sein, ein schnelles Urteil über andere zu fällen, nur weil Gott Nöte in ihrem Leben zulässt. Wir wollen noch weitere Gründe betrachten, warum Gott immer wieder Probleme und schwierige Situationen in unserem Leben zulässt.

*Anmerkung: Die Vielehe war zur Zeit des Alten Testaments nichts Unübliches – so hatte auch Jakob, der Stammvater Israels, mehrere Frauen. Im Neuen Testament hat Jesus allerdings wieder die Einehe zwischen einem Mann und einer Frau als den allein gültigen Willen Gottes deutlich gemacht – vgl. Markus 10, 6-8

Nöte – zum Trost für andere

Im Neuen Testament (2. Korinther 1, 3-5) lesen wir: »Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden. Denn wie die Leiden des Christus sich reichlich über uns ergießen, so fließt auch durch Christus reichlich unser Trost« (S).

Wir haben gesehen, dass Gott manchmal Nöte in unserem Leben zulässt, weil wir Ihm weggelaufen sind und Er uns zurückbringen will. Manchmal verordnet Gott uns aber auch schwierige Lebenssituationen, damit wir dadurch anderen Hilfe und Trost sein können.

Jede Not, die wir selbst erlebt haben, macht uns verständnisvoller für die Nöte unserer Mitmenschen. Wenn es uns gutgeht, fällt es uns leichter, die Nöte anderer gering zu achten. Hier dürfen wir uns Weisheit von Gott schenken lassen. Auf der einen Seite sollte der, welcher eine Not durchlebt, sich dessen bewusst sein, dass sie von Gott verordnet ist. Er sollte sich nicht in seiner schwierigen Situation eingraben, sich auch nicht in die Not fallen lassen, sondern in die Arme Gottes. Auf der anderen Seite sollten wir, die wir vielleicht aktuell keine Not haben, die Not des anderen nicht leichtfertig übergehen. Dahin möchte uns der Herr bringen! Er möchte uns in Sein Bild verwandeln. Und dazu sind auch manche Schwierigkeiten in unserem Leben notwendig, »damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden« (S).

Wir sollen mitleidig sein, wie Christus mitleidig ist mit uns, »denn wir haben nicht einen Hohepriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde« (Hebräer 4, 15). Und »seid alle gleichgesinnt, mitleidig, voll brüderlicher Liebe, barmherzig, demütig« (1. Petrus 3, 8).

Nöte – für mehr Tiefgang

Paulus schreibt im Römer-Brief, Kapitel 5, Verse 1-5: »Da wir nun aus Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir im Glauben auch Zugang erlangt haben zu der Gnade, in der wir stehen, und wir rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Aber nicht nur das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, weil wir wissen, dass die Bedrängnis standhaftes Ausharren bewirkt, das standhafte Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist« (S).

Ein dritter Grund für von Gott zugelassene Nöte ist, dass unser Glaubensleben mehr Tiefgang bekommen soll. Die Schwierigkeiten sollen uns tiefer wurzeln lassen und standhaft machen. Paulus sagt hier: »Wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen.« Warum wollte sich Paulus rühmen in notvollen Lebenslagen? Welchen Grund sollte es dazu geben? Er schreibt weiter: »weil wir wissen« – Paulus wusste etwas, das ihn dazu fähig machte, sich selbst inmitten der Nöte zu rühmen. Er wusste nämlich, »dass die Bedrängnis standhaftes Ausharren bewirkt, das standhafte Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden.«

Der Sinn der Nöte liegt also in unserer Zubereitung auf die Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Wir sollen passend gemacht werden für den Himmel. In der Not sollen wir lernen auszuharren. Wörtlich bedeutet es »darunterbleiben«. Wir sollen uns unter die gewaltige Hand Gottes beugen und die Situation dankbar aus Seiner Hand annehmen. Was uns auch begegnen mag, so gilt uns das Wort aus Epheser 5, 20: »Sagt allezeit Gott, dem Vater, Dank für alles, in dem Namen unseres Herrn Jesus Christus« (S). Dabei dürfen wir Geduld lernen und werden im Glauben bewährt, das heißt geeignet für das Reich Gottes. Das aber gibt uns Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.

Und diese Hoffnung ist nicht nur eine vage Vermutung, gleich einer Lebenseinstellung, bei der wir hoffen, dass das alles am Ende irgendwie gut geht. Nein, diese Hoffnung bedeutet völlige Gewissheit, denn sie wird uns nicht enttäuschen. – Diese lebendige Hoffnung ist das Endergebnis der Bedrängnisse. Das wusste Paulus und deshalb konnte er sich auch in seinen Nöten rühmen. Er drückt es auch an anderer Stelle wie folgt aus: »Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll« (Römer 8, 18, S). Deshalb dürfen auch wir lernen, inmitten der schwierigen Lebensumstände standzuhalten durch die innige Gemeinschaft mit unserem Heiland Jesus Christus (vgl. Römer 12, 12).

Durch viele Nöte in das Reich Gottes

In der Apostelgeschichte 14, 22 heißt es, »dass wir durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen müssen« (S). Die Nöte sind uns also von Gott verordnet, damit wir überhaupt in das Reich Gottes eingehen können. Wir müssen durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen. Sie sind wie eine von Gott verschriebene Medizin, damit wir geistlich völlig ausreifen und innerlich gesund werden und bleiben. Dazu dürfen alle drei betrachteten Arten der Not und Bedrängnis dienen.

Die zurechtbringenden Nöte wollen uns wieder in die Spur Christi bringen, damit wir nicht am Ziel vorbeigehen. Wir sollen uns nicht in den Dingen dieser Zeit verlieren oder unseren eigenen Wünschen und Träumen folgen, sondern unsere Herzen ausrichten auf Jesus, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens.

Die Mitleid bewirkenden Nöte dürfen dazu dienen, dass wir andere in ihrer Not verstehen können. Wir sollen ihnen Hilfe und Trost sein und dürfen ihnen Mut machen, an Jesus festzuhalten, damit wir gemeinsam das ewige Reich Gottes ererben dürfen.

Und die Tiefgang erzeugenden Nöte sollen unser Glaubensleben festigen. Wir sollen tiefe Wurzeln bekommen, damit unsere Lebenspflanze von keinem Sturm der Zeit umgeknickt oder weggeweht werden kann. Unser Anker soll sich tief in das Wort Gottes eingraben, bis wir umgestaltet sind in das Bild Jesu. Das ist das große Ziel Jesu mit uns, dass wir eins werden mit Ihm, damit wir passend sind für den Himmel.

Jesus bittet Seinen Vater für die Gläubigen, »dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind; ich in ihnen und du in mir, auf dass sie in eins vollendet seien, und auf dass die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, gleichwie du mich geliebt hast. Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, auf dass sie meine Herrlichkeit schauen« (Johannes 17, 22-24). Wenn wir das verstanden haben, können wir auch mit Paulus ausrufen: »Wir rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Aber nicht nur das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen« (Römer 5, 2.3, S).

Dabei sollen wir uns nicht der Nöte rühmen, als seien sie etwas Gutes, sondern mit Gottes Hilfe können wir uns trotz der Nöte rühmen. Auch dürfen wir wissen, dass Gott treu ist und uns niemals mehr auferlegt, als wir ertragen können (vgl. 1. Korinther 10, 13).

Timo Bösel
Bibelzitate: Elberfelder Bibel 1905, S = Schlachter Bibel 2000